…hatte man uns damals gesagt. Damals, ich war gerade in der 5. Klasse… wann war das etwa? 1986. Man hatte uns aufgenommen, wie lautstark wir uns im Werkunterricht unterhalten haben und hatte uns dies als Klasse vorgespielt. Wir haben geschmunzelt. Ein bisschen Unterhaltung, ein paar kleine Flüche, so wie das halt so Kinder / Heranwachsende in diesem Alter tun.
Um ehrlich zu sein, ich war froh in einer Klasse zu sein, wo es nicht allzu viele Spießer gab, welche auf Appellen Loblieder über alles mögliche vortrugen. So wie es Viele taten. Appelle… Na ja. Gleich zum Schuljahresbeginn strammstehen in Pionierbluse und FDJ Hemd. Einige sind während des Appelles abgeklappt und wir durften weiter stramm stehen. Erinnerungen mit gemischten Gefühlen.
Jedoch. Wir haben gelernt:
- Respekt vor dem Alter zu haben. In Bussen und Bahnen aufzustehen, wenn es Rentnerinnen und Rentnern oder älteren Werktätigen an Sitzgelegenheiten fehlte
- Im Straßenverkehr Fußwege nicht unnötig zu blockieren, hintereinander zu gehen, damit auch bei schmalsten Wegen ein Durchkommen ist.
- höflich zu grüßen uns allgemein freundlich zu verhalten.
Na klar, nicht jeder hat sich daran gerne und oft daran gehalten. Es war jedoch eine Seltenheit, dass Jugendliche Plätze älteren Mitbürgern verweigerten. Heute ist das leider Standard. Sagt man etwas zu Jugendlichen, wird man bestenfalls doof angestarrt. Man beobachtet im Alltag einen allgemeinen Verfall der grundlegensten Sitten und Gebräuche eines respektvollen Umgangs miteinander. Man sieht Familien auf Fußwegen mit Fahrrädern nebeneinander fahren. Den Kleinsten wird schon vom Elternhause sehr wenig mitgegeben. Man trampelt in der Öffentlichkeit rum wie Schweinchen in der Suhle.
Um eines klarzustellen. Ich bin keinesfalles ein Verfechter von Sitte und Moral. Das war ich nie und möchte es auch nicht sein. Eine lustige Anektode vor einigen Tagen war das Gespräch einiger Jugendlicher zufällig auf offener Straße mitzubekommen.
Da standen drei, vielleicht 12 bis 14 jährige. Fragen beide den Einen. „Kommst Du heut abend mit zu XYZ…“
Meinte der Dritte: „Geht nicht, wir schreiben doch morgen ne Klassenarbeit, muss noch lernen.“
Einer von den beiden Anderen: „Wofür? Wir bekommen doch eh nur später Hartz IV.“
Ich finde es schade, dass mangelns Perspektivlosigkeit jungen Menschen jede Hoffnung auf eine Zukunft genommen wird. Ich erinnere mich wie ich als Jugendlicher stolz war bei Apfel- und Kirschernte im Sommer Geld dazuverdienen zu können. Mein eigenes Geld, von welchem man sich was kaufen konnte. Heute wird Vieles als Selbstverständlichkeit gesehen. Oma und Opa kaufen schon. Mama hast Du n paar Euro fürs neue Handy? Wer nichts hat ist nichts. Wer nicht die neueste Mode trägt, wird als asozial abgestempelt.
Zurück zu unserer lauten Klasse von damals
Um ehrlich zu sein bin ich froh ein paar Jahre älter zu sein um nicht in dieser Zeit in die Schule gehen zu müssen, wo eine „laute Klasse“ das kleinste aller Übel ist. Da wo man vielleicht organisiert Schutzgelder erpresst, die Gewaltschwelle niedrig ist.
Nicht alles ist eine Frage der Erziehung – Vieles eine Frage der Perspektive. Kann man etwas erreichen? War die Schule umsonst, weil man eh keine Arbeit, Ausbildung bekommt? Ich hoffe, dass man irgendwann wieder mit guten Gewissen Kinder in diese Welt setzen kann, um zu sehen, dass sie würdevoll ihre Zukunft selber aufbauen können, durch Fleiß ihrer Hände, ohne entwürdigendes Hartz IV. Vielleicht wird dann auch ein menschliches Miteinander möglich sein.
Wollen wir mal darüber reden? Ich wäre über Eure Kommentare und Vorschläge wirlich gespannt. Ich hoffe auf eine angeregte Diskussion.
Darüber könnte man vielerlei diskutieren.
Ich fang mal an zu:
„stolz war bei Apfel- und Kirschernte im Sommer Geld dazuverdienen zu können“ vs. Oma und Opa besorgens schon:
es gibt kaum Geldverdienmöglichkeiten für unter 18-jährige, die nicht gerade Kinder von Mitarbeitern passender Firmen sind oder eben Firmenerben. Das hat mich wirklich gestört, als Teenager. Ich hätte wirklich gern selbst was dazu verdient, aber überall: „wir haben schon eine Putze, die Tochter vom Mitarbeiter.“, „Regale einräumen ? macht schon der Sohn der Kassiererin.“, „du willst Hunde ausführen ? du bist doch viel zu zierlich!“, „Zeitungaustragen ? macht schon die Rentnerin von nebenan“ et cetera.
Und für die familiäre Mithilfe im Garten oder Haushalt sollte es kein Geld geben, finde ich.
Hallo annifee. So in etwa sehe ich das auch. Es müssen MÖGLICHKEITEN, des Zuverdienens VORHANDEN SEIN, mit welchen man LEISTUNG, Kaufkraft ec messen kann, so wie es damals möglich war. Man hatte, je nach Leistung einen Lohn, welcher sich mit dem Reallohn eines durchschnittlichen Hilfs-, bis Facharbeiters messen lassen konnte. Man hatte also ein GESPÜHR dafür gehabt wie seine Eltern, in meinem Falle Erziehungsberechtigten, dafür arbeiten müßten, um sich Wunsch A oder B realisieren zu können. Diese Argumentation bezieht sich also kritisch zur Wirtschaftsordnung, nicht zur heutigen Jugend. Die Zuverdienstmöglichkeiten heutzutage (Zeitung austragen, Altpapier sammeln) haben auf Grund ihrem Verhältnis Kaufkraft / Zeitaufwandt keinen lehrreichen Bezug, da sie allenfalls Hungerlöhne sind. Sie sind also nicht meßbar mit Tariflöhnen von Erwachsenen auf niedrigster Stufe. Man war sozusagen stolz darauf durch eigenes Planziel (ich müsste X Wochen arbeiten, um Wunsch Y zu erfüllen) Geld z verd…
Ich habe das Gefühl, Leistung ist in der aktuellen Ordnung eh vom Lohn entkoppelt. Man denke an die Zeitarbeiter, die dasselbe leisten wie Festangestellte, aber halb soviel verdienen; oder daran, dass viele nach 5 Jahren Studium bestenfalls gleich viel Lohn erhalten wie andere nach 3 Jahren Ausbildung.
Manche werden für’s Rumsitzen bezahlt (weil unkündbar, aber nicht mehr fähig zum Beispiel), andere bemühen sich 40 Wochenstunden für lau (Praktikanten z.B.), wieder andere sitzen für 160 Euro die Hintern platt (MAE).
Aber sich darüber zu ärgern, würde bedeuten, dem Geld große Wichtigkeit zuzuschreiben, und das hat es nicht verdient. Nicht per se.
Wir sprechen die selbe Sprache… Ich finde es ärgerlich, dass die Relationen immer mehr aus den Rudern geraden. Sicherlich Geld stelle ich nicht in den Mittelpunkt meines Seins. Irgendwer sagte aber mal: „Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist Alles nichts“